Christian Schmidt-Chemnitzer - Germany
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eisblockperformance von christian schmidt-chemnitzer
im märz 1998 wollte ich in berlin einige eisblockperformances durchführen.
den eisblock stelle ich selber her in meinen kühlschrank und transportiere ihn dann mit einer campingkühlbox an die orte, wo ich dann eine stunde auf dem eisblock stehe. bekleidet bin ich mit einer pampers und in den händen halte ich einen kleinen eisblock von 6 cm durchmesser.
die erste eisblockperformance hatte ich 1997 in einer galerie in berlin durchgeführt. sie ging 1 stunde und 40 minuten. da aber in den innenstädten auch sehr viele büros sind, kam ich auf den gedanken, die performance immer in der zeit von 13.00 - 14.00 uhr zu zeigen.
außerdem beantrage ich immer eine genehmigung für die aktion. in berlin wollte ich an 3 tagen und an 3 unterschiedlichen orten die performance umsetzen. der erste tag sollte am roten rathaus stattfinden, am 2.tag das brandenburger tor und am 3.tag wollte ich an der gedächtniskirche auftreten. also brauchte ich drei genehmigungen von den jeweiligen grünflächenämtern und vom roten rathaus eine sondergenehmigung von der protokollstelle, wegen eventueller staatsempfänge. die gehnehmigungen wurden mir erteilt, aber von dem grünflächenamt in berlin-mitte wurde eine standgebühr von 65,-dm erhoben. nach anfrage wurde ich belehrt, daß ich doch einen platz in anspruch genommen habe, also bezahlte ich den betrag.
die windel hatte ich für jeden tag anders coloriert. für den l. tag war sie schwarz gefärbt, am 2.tag sah sie rot aus und am dritten tag gelb.
weiterhin hatte ich die presse, den rundfunk und das fernsehen von meinem vorhaben informiert. einen freund hatte ich gebeten, doch alles mit videocamera zu filmen und eine freundin wollte einige fotos aufnehmen.
da nur ein eisblock in mein gefrierfach im kühlschranck paßt, stellte ich die beiden anderen eisblöcke schon tage vorher her und brachte sie bei freunden in deren gefrierkühlfach unter.
der erste tag war also am roten rathaus in berlin am 8. märz 1998 und die außentemperaturen lagen bei 8 grad. ich stellte mich also 13.00 uhr auf den eisblock auf den platz gegenüber von dem roten rathaus und wartete. freunde und passanten waren in dicken jacken oder mäntel eingehackt. einige passanten guckten neugierig. nach einer weile merkte ich, wie drei leute auf mich zutraten. sie stellten sich vor als reporter vom berliner rundfunk und überfielen mich gleich mit ihren fragen. die erste frage war natürlich "ob es kalt ist". diese frage konnte ich nur mit "ja, sehr kalt" beantworten. dann kamen die üblichen fragen "ob ich ein politisches motiv habe" und "was der sinn und zweck dieser kunstaktion" sei. man muß dabei bedenken, daß es auf so einem eisblock sehr glatt ist und ich mich die eine stunde lang sehr konzentriere, wenn ich dann noch fragen beantworte, benötige ich eine doppelte konzentration.
ein freund aus dresden rief mich dann tage später aufgeregt an, er hätte mich auf der fahrt im autoradio gehört. die presse kam leider nicht. aber ein fernsehteam aus kasachstan, was sich gerade im roten rathaus befand, filmte mich eine halbe stunde lang und war begeistert, daß solche aktionen in berlin möglich sind. ein rentnerpärchen erregte sich etwas belustigend und die frau sagte zu mir "ich solle doch damit aufhören, da ich mich doch erkälten könnte" und "ich sollte doch aufpassen, daß ich nicht in das krankenhaus muß".
auch kam eine schulklasse vorbei, die sich in reih und glied parallel zu mir aufstellte und sich von ihren mitschülem fotografieren ließ. einige arbeiter, die in der parkanlage arbeiteten und gerade ihre mittagspause hatten, schauten eine weile zu, stellten keine fragen, schauten aber nach 15 minuten auf die uhr. gegenüber im roten rathaus sah ich aber keine menschen in den fenstem.
nachdem die erste performance beendet war, ging ich natürlich mit meinen freunden in die nahe liegende eisbar und wir tranken einige bier. den eisblock habe ich dann mit nach hause genommen und in der spree wieder in freiheit gesetzt, wo ich ihn noch ein stück schwimmen sah.
als einige zeit später eine bekannte kuratorin mit mir über meine arbeit sprach, schaute sie mich an und sagte: "dann hast du ja garnichts zu verkaufen", was ich nur bestätigen konnte. vielleicht habe ich ja noch mal gelegenheit, mich in dieser zeitung mitzuteilen und dann berichte ich euch über die zwei anderen performances.
diese eisperformance habe ich dann noch in anderen städten in dieser welt gezeigt, wie in sacramento, tokyo, marseille, krakau, hong kong, helsinki und in einigen städten in deutschland.
Christian Schmidt-Chemnitzer
geboren 1968 in Kari-Marx-Stadt (Chemnitz). Ausbildung in Trompete, Schlagzeug und Musiktheorie. Lebt und arbeitet seit 1996 in Berlin.